Störpotential durch ALAN - und wie es reduziert werden kann

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Wie genau werden die nachtaktiven Tiere durch Kunstlicht in der Nacht (Artificial Light at Night, ALAN) gestört? Ist es die direkte Blendung (Lichtstärke), die Beleuchtungsstärke (Lichtmenge oder Lichtintensität) im Lebensraum? Die geometrische Ausrichtung und Distanz zur Lichtquelle? Oder die spektrale Zusammensetzung des Lichts?

Der Fragenkatalog ist nicht abschliessend und die Beantwortung wahrscheinlich unmöglich. Es gibt zwar mittlerweile sehr viele Forschungsarbeiten, aber die Komplexität der Fragestellung macht allgemeingültige Aussagen schwierig. Dies ergibt sich beispielsweise aus:

_ der hohen Artenzahl (global sind rund 60% aller Arten teilweise oder vollständig nachtaktiv)
_ der jeweiligen Artenzusammensetzung
_ der geografische und klimatische Unterschied der Lebensräume
_ Bebauung und Zersiedelung der Lebensräume
_ Popuations-Grössen und Vitalität der Bestände
_ der saisonalen Lebenszyklen der untersuchen Arten
_ der nächtlichen Aktivitätsmuster
_ der Witterung und Temperatur am Untersuchungsort
_ usw.

Ein schönes Beispiel hierzu geben uns unsere rund 30 Fledermausarten in der Schweiz. Die meisten weichen dem Kunstlicht aus. Sie sind negativ phototaktisch. Als Prädatoren aber nutzen einige von ihnen (z.B. die Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus) den Lichtkegel von Strassenleuchten als willkommenes Jagdgebiet (zum Schaden der hilflos taumelnden Fluginsekten). Sind sie deshalb positiv phototaktisch? Wohl nicht, als Kulturfolger haben sie sich an Umweltveränderungen angepasst. Dieses „opportunistische“ Verhalten führt zu einem leichteren Beuteerwerb. Dieser muss aber mit einem erhöhten Risiko, durch nachtaktive Jäger erbeutet zu werden, „erkauft“ werden. Gleichzeitig reduziert sich die jagbare Insektenfauna unter ALAN (durch die ALAN-Stressoren, aber auch durch den Jagderfolg der Fledermäuse) und beeinträchtigt längerfristig die Nahrungs-Ressourcen der Jäger.

Ganz offensichtlich verändert ALAN den Nachtlebensraum. Davon mögen einige Arten profitieren, letztlich wird dadurch das austarierte Gleichgewicht zwischen den Arten gestört (Homogenisierung). Da die Aufgaben-Komplexität aber nicht auf ein handhabbares Niveau reduziert und eindeutige Verhaltensregeln abgeleitet werden können, soll – dem USG folgend – Vorsorge getroffen werden. Die Annahme ist sicherlich nicht falsch, dass das Störpotential aus dem Zusammenwirken verschiedenster Einflussgrössen resultiert.

Daraus abgeleitet muss für einigermassen naturverträgliches Licht folgender Regelkatalog gelten:

_ Spektrum mit möglichst geringem Blauanteil
_ Lichtmenge auf das notwendige Minimum beschränken (normative Wartungswerte)
_ Geeignete, gut entblendete Leuchten einsetzen
_ Ausrichtung der Leuchte auf die Nutzfläche
_ Betriebszeit reduzieren auf Nutzzeit (Light on demand)
_ Gewerbliche Lichtquellen während Nachtruhezeit ausschalten
_ Zierbeleuchtungen während Nachtruhezeit ausschalten
_ Keine Lichtinzenierung ohne verständliche „Geschichte“ und zeitliche Beschränkung (Bühnenvorhang fällt um 22:00 Uhr)
_ Dunkelzonen als bewusste Gestaltungselemente in Masterplänen vorsehen
_ Naturräume innerhalb und ausserhalb der Siedlungsfläche nicht beleuchten